20 Geschichten aus der Sagenwelt der Donau
Bergland Region rund um Tuttlingen.
Der Mühlstein
Hoch oben auf dem Koppenland, dort wo die drei Städte Tuttlingen, Möhringen und Wurmlingen sich wie dunkle Klingen in die Landschaft schneiden, erhebt sich ein monolithischer Schatten: ein alter Mühlstein, halb verschlungen von der Erde, ein Grabmal der Verzweiflung.
Man flüstert sich zu, dass unter diesem Stein zwei junge Männer ruhen, deren Herzen von einer einzigen, unwiderstehlichen Schönheit entflammt wurden. Sie waren Freunde, Brüder im Geiste, doch ihre Liebe zu derselben Frau entzündete eine Glut der Eifersucht, die alles verschlang.
Die Schöne, gefangen in einem Netz aus Zuneigung und Verwirrung, konnte sich nicht entscheiden. "In ihrer Unentschlossenheit fand sie keinen anderen Ausweg, als beiden zu sagen: 'Ich habe euch beide gleich lieb, aber nur einem von euch kann ich gehören.' Um eine Entscheidung herbeizuführen, beschlossen die beiden Freunde, einen Ehrenhändel auszutragen. Dieser sollte ohne Zeugen stattfinden. An einem einsamen Ort, fern von neugierigen Blicken, sollten sie ihre Pistolen ziehen und ihr Schicksal besiegeln."
Die Angst kribbelte in den Fingern, als sie die Waffe fest umgriffen. Keiner hatte jemals gedacht, dass er einen Menschen töten würde, schon gar nicht seinen besten Freund. Doch die Liebe zu ihr hatte beide zu diesem Schritt getrieben. Jetzt, da der Moment gekommen war, wünschten sie sich nichts sehnlicher, als dass alles nur ein böser Traum wäre......
Die Kreuzkapelle in Geisingen
...Mit einem entschlossenen Ruck griff er nach dem schweren Reiterpistole, die in der Halfter an seiner Seite hing. Die Waffe war alt, doch gepflegt, das Holz glattpoliert und der Lauf pechschwarz wie sein Gemüt. Er hob die Pistole, legte sie auf seinem linken Arm auf und zielte auf das Gesicht des Christus. Der Lauf war fest und ruhig, wie die Hand eines Mannes, der an nichts mehr glaubte, außer an den Schmerz, den er zufügen konnte.
Die anderen Reiter schwiegen, ihre Blicke fest auf den Cornet gerichtet, einige vielleicht mit einem Anflug von Zweifel, andere mit stummer Zustimmung. Die Stille, die sich für einen flüchtigen Moment über die Gruppe legte, wurde nur durch den gleichmäßigen Schlag des Regens unterbrochen, der weiter unnachgiebig auf sie niederprasselte.
Der Cornet drückte ab.
Der Knall des Schusses war ohrenbetäubend, ein alles durchdringender Laut, der die Stille des verregneten Nachmittags zerriss. Die Kugel schlug mit brutaler Präzision in die Stirn des Christusbildes ein. Ein einzelner, tödlicher Schuss, der eine grauenvolle Bestätigung dessen war, was der Krieg aus einem Mann machen konnte. Der Ausdruck ewigen Leids und Mitgefühls im Gesicht des Heilands wurde durch eine kalte, klaffende Wunde entstellt.....
Die Melodie des Geigers
Das schrille Pfeifen des Windes klang durch die Ritzen des alten
Bauernhauses und vermischte sich gespenstisch mit dem Klang einer Geige. Die Bäuerin hielt inne, ihr Gesicht erbleichte, und ein Schatten huschte über ihre Augen. „Hör nur, da ist es wieder, “ murmelte sie leise. Es wird wieder ein furchtbares Wetter bringen.“ Es war ein schauriges, durchdringendes Heulen, als ob die Luft selbst in Schmerz schrie. Es begann als ein einsames, langgezogenes Wimmern, das von einem unsichtbaren Bogen gezogen wurde.
Ihr Mann, hart und wortkarg, versteinerte einen Moment, als hätte er ein unsichtbares Gespenst erblickt. Ohne ein weiteres Wort griff er nach seinem abgetragenen Hut und dem schweren Mantel, zog ihn mit einer mechanischen Geste über die Schultern und stürmte aus dem Haus.
Er ging dorthin, wohin er immer ging, wenn diese Stürme aufzogen — zur kleinen, dunklen Kapelle, die am Rande des Kühltals stand. Dort, wo der Wind seine schaurige Melodie über die verfallenen Gräber sang und der Regen die steinernen Heiligen tränkte. Kein Mensch hätte fragen müssen, wohin er eilte; es war eine eingewurzelte Gewohnheit, ein alter Tanz zwischen ihm und den Geistern seiner Vergangenheit. ....
Die Duttfee
....Vor vielen Jahren entdeckten einige Bauern im Duttental eine geheimnisvolle Statue, verborgen unter einer dicken Schicht aus Moos und Erdreich. Sie war aus blauem Sandstein gehauen, schlank und etwa so groß wie ein Mensch, doch mit etwas seltsam Proportioniertem: zwei
Gesichtern, die in entgegengesetzte Richtungen blickten, und einer Doppelbrust von beeindruckendem Ausmaß. Das Abbild der Göttin wirkte so, als würde es gleichzeitig in die Vergangenheit und in die Zukunft sehen können. Die Leute aus Tuttlingen schleppten die Figur in ihre Stadt und stellten sie stolz auf den Stadtbrunnen, wo sie viele Jahrhunderte lang stand – ein stiller Zeuge einer längst vergessenen Zeit.
Aber wie das Schicksal so oft spielt, kam der Tag, an dem der Wert der Göttin vergessen wurde. Irgendjemand verkaufte das steinerne Abbild der Dutt für ein paar Batzen – als wäre es nur ein gewöhnliches Stück Geröll. Ein Maurer zerschlug die Statue in Stücke, und heute sollen noch Reste von ihr in den alten Mauern der Stadt verborgen sein, wie ein gut gehütetes Geheimnis aus längst vergangenen Tagen.
Doch eine alte Prophezeiung besagt, dass all jene, die eines dieser blauen
Sandsteinstücke finden, von Glück und Reichtum gesegnet sein sollen. Die Legende flüstert, dass die Magie der Göttin noch immer in diesen Stücken ruht, und dass sie das Schicksal des Finders für immer verändern könnte. Vielleicht ist es der letzte Segen der Dutt, der im Verborgenen auf, die wartet, die mutig genug sind, nach ihm zu suchen. ....
Tom Wagner, gestrandet in einer der vielen Wirklichkeiten. In der Stagnation seines Lebens, zwischen Burnout und nie gelebten Träumen, verliert er sich um sich wieder zu finden. Ein ewig zweiter Sieger der vom Ausbruch träumt und vom Leben mehr erwartet als das es gibt. Zwischen Verzweiflung, Depressionen, Selbstmordgedanken, Sehnsucht, Aufbruchstimmung, keimender Hoffnung und einer heranwachsenden Liebe wankt Tom durch das Labyrinth seiner Tage und Nächte. Erschien Dezember 2023
Er hatte viel Zeit um nachzudenken, was er trotzdem nicht immer tat. In seinem fahrenden Wohnzimmer, dem Auto, verbrachte er gefühlsmäßig die meiste Zeit seines Lebens. Hier war sein Raum für Gedanken und Analysen was die Menschheit und die Welt betraf. Während er, zwischen Sonnenschein, Matsch, Nebel, Schnee, Stau und Geschwindigkeitsrausch, über die Lackfarben der Autos das Seelenleben der Menschheit zu analysieren versuchte, sponn er manche Gedanken dazu, löste das Energieproblem, erfuhr einiges über "Kakalaken-Züchter in China", lernte und haderte mit dem Weihnachtsprogramm und der Mautlösung, beleuchtete "Schilda" und genoss mehr oder weniger die Landschaften, Dörfer und Städte in unserem Land. Sein Wissen verfeinerte er zumeist am PC und tauchte ein in "unsere" skurrile Welt, erfuhr von der Geschichte "der heiligen Vorhaut Christ", nahm Anteil am Tod eines Aliens, erfuhr von einem jährlich ausgetragenen Onanierwettbewerb und anderen Tatsachen, die ihn in Staunen versetzten, aber auch an den Rand der Verzweiflung brachten.
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